Ist Joscha ein Nazi?

Mit einer alltäglichen Szene, die sich schnell als trügerische Harmonie erweisen sollte, begann das Theaterstück „Wir waren mal Freunde (Blick zurück nach vorne)“. Aufgeführt wurde das Stück am Mittwoch, den 2. März, in der Aula der Oberschule Harpstedt vom Ensemble Radiks aus Berlin. Behandelte Themen waren: Rassismus, Courage, Vertrauen und Freundschaft. Themen, die an der OBS Harpstedt aktuell stark diskutiert werden.

Ein ganz normaler Abend – das denkt sich der 16-jährige Joscha als er sich vor den Bildschirm setzt, um zu zocken. Seine Mutter ruft ihn aus der Küche: Joscha soll endlich zum Essen kommen. Noch deutet nichts darauf hin, dass dieser Abend Joschas Leben verändern wird. Bis sein Handy klingelt …

Es beginnt ein szenisch von einem Schauspielduo dargestellter Rückblick, bei dem Joscha ins Visier der Polizei gerät, nachdem ein Asylantenheim in Brand gesetzt wurde. Schließlich war er nachweislich an diesem Abend in der Nähe des brennenden Heimes und hat sogar einem Obdachlosen dabei das Leben gerettet. Doch die Polizei glaubt Joscha nicht, dass er nur zufällig dort gewesen sei und tatsächlich sind seine Erklärungen nicht stimmig. Zudem ist Joschas Schwester Marion untergetaucht, mit der er kurz vor dem Brand telefoniert hat. Die Indizien sprechen gegen Joscha und auch seine Freunde, teilweise selbst Migranten, zweifeln an ihm und werfen ihm Fremdenfeindlichkeit und Rassismus vor.

Joscha und Marion rappen ihre Standpunkte zum Thema Ausländer in Deutschland.

Der 16-jährige Schüler muss sich einiges anhören – ein Nazi sei er – bis endlich Marion auftaucht und sich die Situation um den Verdacht aufklärt: Marion und ihre Clique wollten die Asylanten nicht in ihrem Ort haben, sie würden den Deutschen die Arbeitsplätze klauen. Und so beschloss Marion mit ihren Freunden, das Heim mit Graffitis zu besprühen. Mit dem Brand aber habe sie nichts zu tun, beteuert sie.

Es entsteht eine Kontroverse zwischen den Joscha und Marion zu den Themen Respekt, Fremdenfeindlichkeit und Freundschaft, die von den Geschwistern teilweise in Form eines Raps ausgetragen wird.

Doch auch als der Vorhang an diesem Mittwochvormittag in der Aula der OBS Harpstedt fiel, war die Veranstaltung, die von der Schauspielerin, Liane Steinnagel ihrem Schauspielkollegen, Alexander Abramyan, getragen wurde, noch nicht zu Ende. Steinnagel und Abramyan versuchten mit den Zuschauern der 8., 9. und 10. Klassen ins Gespräch zu kommen. Schließlich hatte das Stück ein „offenes Ende“, bei dem die beiden Positionen des Geschwisterpaares unkommentiert stehen gelassen wurden. Jedoch ging eine eindeutige Richtung des Stückes auch aus dem Gespräch mit den Schauspielern leider nicht hervor, obwohl beide deutlich machten, wie wichtig ihnen sei, dass Fremdenfeindlichkeit keinen Platz in unserer Gesellschaft haben dürfe.

Die Schüler der 8., 9. und 10. Klassen sollten animiert werden, ihre eigenen Positionen zu überdenken.

Text und Fotos: E. Brümmer